Oratorienchor in der Neustädter Hof- und Stadtkirche
VON LUDOLF BAUCKE (HAZ, 22. Apr. 2013 )
Die Wege zu künstlerischem Profil sind vielfältig. Einen davon, das sorgfältig gestaltete Programm, wählten der Hannoverscher Oratorienchor und sein seit dem vergangenen Jahr arbeitender Leiter Stefan Vanselow. Sie schlugen mit ihrem gut besuchten Konzert in der Neustädter Hof- und Stadtkirche den Bogen von Johann Sebastian Bach ins Baltikum und verknüpften die nur aus den Teilen Kyrie und Gloria bestehende G-Dur Messe des Thomaskantors mit der ganz anders gearteten Berliner Messe des aus Estland stammenden Arvo pärt. Es begegneten sich koloraturenreiche Chorpolyphonie und von synchronem Sprachduktus geleitete Akkordik. Der Chor war auf beide Aufgabefelder sehr gut vorbereitet worden. Bachs vertrackte Mehrstimmigkeit pulsierte, und Arvo Pärts schlichtere Akkordik ließ durch ihren stetigen Fluss aufhorchen. Auf Pomp wurde verzichtet. Das Sanctus klang ehrfürchtig und die eindringliche Friedensbitte im Agnus Dei so leise, dass der Applaus erst nach merklicher Pause einsetzte.
Die vier in der Bach-Messe geforderten Vokalsolisten profilierten die Musik mit stimmlicher Frische. Der Bassist Daniel Bacsinsky und der Tenor Sebastian Franz gaben sich vor allem koloraturenerprobt. Die Sopranistin Anna Bürk und die Altistin Anna-Dora Capitelli gestalteten das geschmeidige Domine Deus als anmutiges Duett. Mit von der Partie war die Hannoversche Hofkapelle - eigentlich ein barockerfahrenes Ensemble. Im Zusammenklang mit den Stimmen des Oratorienchors fiel jedoch auf, das die hohen Instrumente deutlich eleganter mit den Singstimmen harmonierten, während die als Generalbass agierenden beiden Violoncellistinnen und die Kontrabassistin eher eigenwillig und viel zu selten stimmkonform musizierten. Derartige Routine freilich verbot sich im instrumentalen Intermezzo. „Viatore" für elf Solostreicher des Letten Peteris Vasks war Neuland für die mit barocken Bögen spielenden Instrumentalisten, doch gerade das garantierte dem zwischen Stille und Bewegung, zwischen hohen und tiefen Registern schwebenden Musik viel Reiz. Vasks hat das Werk übrigens als Hommage für Arvo Pärt komponiert. Der Brückenschlag von Bach zu Pärt wurde überzeugend verwirklicht.
Sturm der Begeisterung
Orffs „Carmina Burana“ im NDR-Sendesaal
VON LUDOLF BAUCKE (HAZ, 20. Okt. 2014)
Der logistische Aufwand war immens: Auf Einladung der Hannoverschen Orchestervereinigung gastierten gleich vier Chöre gemeinsam mit den Instrumentalisten im ausverkauften großen NDR-Sendesaal mit Carl Orffs „Carmina Burana“.
→ zum Artikel aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung
Dynamische Kontraste und Mut zum Pathos
VON RAINER SLIEPEN (Wolfenbütteler Zeitung 07. Okt. 2014)
St. Trinitatis platzt aus allen Nähten. Die Konzertveranstalter hatten mit der Orchestervereinigung und dem Oratorienchor Hannover, der Kantorei St. Marien Wolfenbüttel, dem Konzertchor Clazz und dem Kinderchor der Hochschule für Musik Hannover einen riesigen Apparat aufgeboten. Für den Publikumsmagneten „Carmina Burana“ von Carl Off der richtige Zuschnitt.
→ zum Artikel aus der Wolfenbütteler Zeitung
10 500 Besucher erleben bei den NDR-Proms ein Musikspektakel im Kuppelsaal und im Stadtpark
VON JUTTA RINAS (HAZ, 15. Sep. 2014)
Was für eine Szene! Was für ein sprechendes Bild! „Rule, Britannia!“: Inbrünstig schmettert das Puplikum im hannoverschen Kuppelsaal den Refrain jenes berühmten Stückes von Thomas Augustine Arne von 1740, das als heimliche englische Nationalhymne gilt.
Chorkonzerte in der Markt- und der Markuskirche
VON LUDOLF BAUCKE (HAZ, 16. Dez 2013)
Festliche Klänge wehen zum Jahresende durch die Kirchenschilfe. Bachs Weihnachtsoratorium mit sechs Kantaten hat Hochkonjunktur. Seltener wird Händels „Messias" aufgelegt. Die Fülle der Weihnachtslieder in Sätzen aus alter und neuer Zeit animiert Chöre und Kantoreien. Hannovers Kirchenmusik färbt vor Weihnachten das schillernde Bild einer Chorstadt. Diese aber lebt bei Weitem nicht nur von Wiederholungen, sondern profiliert sich mit unterschiedlich besetzten Ensembles und vor allem individuell gestalteten Programmen. So sang am dritten Advent der Mädchenchor Hannover in der gut besuchten Marktkirche und punktete mit erstaunlichen Leistungen des mit Liedern von Bohuslav Martinu bestens aufgelegten Nachwuchschores sowie kleiner solistischer Gruppen und des staunenswert professionell agierenden Konzertchores. Gleich ob eine Messe von Michael Haydn geschmeidig angestimmt oder Benjamin Brittens apart von der Harfe (Teresa Zimmermann) angereicherte „Ceremony of Carols" vorgetragen wurden - das Publikum zeigte sich so spontan begeistert, dass es am liebsten nach jedem Stück applaudiert hätte.
Gudrun Schröfel und Georg Schönwälder an der Spitze des Leitungsteams hatten das gesamte Programm vorzüglich vorbereitet - bis hin zu der Besonderheit, dass im zweiten Teil ein gutes Dutzend kurzweiliger Sätze von den Gruppen als Weihnachtsmusik aus dem Raum gesungen wurde. Gefüllt mit Stimmklängen aus den Seitenschiffen, dem Mittelgang, dem Altarraum und der hinteren Chorempore entfaltete sich weihnachtliche Atmosphäre pur.
Dem Raumklang hatte sich auch der Hannoversche Oratorienchor in der Markuskirche verschrieben, als das überlieferte „Es ist ein Ros entsprungen„ zunächst mit einer chorischen Improvisation aus allen Ecken begann und sich dann zu dem das Publikum wundersam umhüllenden Prätoriussatz auffüllte. Stefan Vanselow steuerte diese Entwicklung ebenso aufmerksam wie stetig. Dem Dirigenten gelang es nicht nur, den vom Namen her auf instrumental begleitete Großwerke ausgerichteten Oratorienchor in einen elastischen A-cappella-Chor zu verwandeln, sondern auch dreimal das Publikum zum Mitsingen zu animieren. Als Besonderheit seines gut besuchten Konzerts in der Markuskirche hatte Stefan Vanselow die Chorsätze mit biblischen Texten gemischt. Chormltglieder lasen diese aus sehr unterschiedlichen Übersetzungen. Ihr sprachliches Spektrum reichte von der ab 2006 entstandenen saloppen Volxbibel bis zu der einfühlsameren Version von Walter Jens. Der eher philosophische Luthertext zu Beginn des Johannes-Evangeliums kontrastierte abschließend sehr gut zu Mendelssohn Bartholdys romantischen Akkorden. Dem Oratorienchor war ein faszinierendes Programmprofil gelungen.